EIN SPAZIERGANG DURCH BROOKLYN (UND UNSERE LIEBLINGSADRESSEN)

Wenn ich aufschreiben müsste, was ich an New York so mag oder warum ich mich in dieser Stadt zuhauser fühle, als ich mich je sonst irgendwo zu Hause gefühlt habe, dann wäre das eine lange Liste. Ich habe ja neulich schon ein wenig angefangen, davon zu schreiben. Wie sehr die Stadt nachwirkt, merke ich noch acht Wochen nach unserer Heimkehr. Der Gedanke an die Zeit in Brooklyn macht mich unglaublich froh. Auf eine wirklich merkwürdige Weise macht mich diese Stadt auch mutig, sogar noch im Nachhall, oder vielleicht eher: optimistischer für Pläne. Gut möglich, dass das die Sicht des Urlaubers ist, die Stadt ist ja auch durchaus für ihre Unerbittlichkeit berühmt, aber immer wenn ich da bin, scheint tatsächlich vieles möglich(er) zu sein. Ganz sicher zweifeln auch die New Yorker (das Zweifeln gehört ja zum Leben), aber sie schaffen es (jedenfalls besser als ich), ihre Zweifel in Schach zu halten und einfach mal zu machen. Immer, wenn ich in New York war, bin ich hinterher ziemlich aufgedreht. Weil das eine so ansteckende Grundhaltung zum Leben ist, die man dort bei so vielen Menschen beobachten kann. (Und weil mich diese Haltung wieder daran erinnert hat, dass nicht immer alles so vollkommen festgefahren ist, wie es manchmal scheint und es sich lohnt, sich zu fragen, ob man an den Dingen, die einen mürbe machen, nicht vielleicht doch etwas ändern kann... Mut, was für ein schönes Mitbringsel). 

Wir haben ein paar spektakuläre Dinge in New York erlebt (der riesige Polizeieinsatz auf der Brooklyn Bridge am letzten Tag beispielsweise, als ein junger Mann einfach die Brücke bis nach ganz oben hochgeklettert ist, weil er Lust auf Nervenkitzel hatte). Am schönsten waren aber eigentlich diese Zeitlupen-Tage in Carroll Gardens, an denen wir uns ein Eis geholt haben, uns auf irgendwelche Treppenstufen gesetzt haben, mit wildfremden New Yorkern Smalltalk hielten, der dann ganz schnell gar nicht mehr small war, ein paar Runden geschaukelt haben, in den Supermarkt  gegangen sind, weil Fanny es so aufregend fand, dass man da Käsewürfelchen probieren durfte und weil sie da diese unfassbaren Donuts und Bananenbrot verkauft haben. Die Art Tage, an denen eigentlich gar nichts passiert und man einer Stadt vielleicht gerade deshalb besonders nahe kommt. 

Diese Adressen waren aber auch sehr glücklichmachend, falls jemand vorbeikommt:

Ein Ort, der aus der Zeit gefallen zu sein scheint: In einer Apotheke aus den 20er-Jahren kann man sich Eisbecher wie den "Sundae of Broken Dreams" mit Vanilleeis, warmer Karamell-Sauce und Bretzelstückchen bestellen. Oder einfach eine Kugel im Becher, die man auf der pinken Bank vorm Laden isst.
513 Henry Street, Brooklyn

Ein Bonbonladen, wie man ihn sich als Kind erträumt: Schwere Bonbongläser voller Jelly Beans in allen nur erdenklichen Geschmacksrichtungen. Dazu Zuckerstangen, Riesenlollies, Gummitiere, Brause-Ufos und Lakritze. Ich habe mir Brause-Ufos gekauft (ein Kindheitsgeschmack), Fanny hat sich am Ende für einen Lolli entschieden und noch Tage später von diesem Laden gesprochen.
254 Baltic Street, Brooklyn

Auf jeder unserer Reisen gab es immer ein Lieblingslokal, bei dieser New York-Reise war es Bareburger. Hier habe ich ohne jeden Zweifel den besten Burger meines Lebens gegessen: den Big Blue Bacon mit Blauschimmelkäse, Bacon, Röstzwiebeln, Champignons, Bacon-Marmelade und Süßkartoffel-Fritten. Dieser Burger war aber nicht der einzige Grund, warum wir so gerne hierher  gegangen sind. Auch der Service war toll, hat Fanny sofort ein Ausmalbild mit Stiften und ein Kinderessen mit einer Schüssel Apfelspalten gebracht. Und wenn man draußen einen Platz bekommt, kann man diesem wundervollen Stadtteil und seinen Bewohnern ganz in Ruhe beim Wundervollsein zusehen.
149 Court Street, Brooklyn

Ich mochte schon das Schild an der Tür: "When life gives you lemons, drink coffee! That way you´ll be nice and energized when chucking those lemons at life!" Der kleine Laden hinter der hellblauen Fassade ist mit seinen hübschen Kacheln an den Wänden und der Vitrine voll selbstgemachtem Kuchen, Macarons, Whoopie Pies und Keksen aber genauso charmant.
68 Dean Street, Brooklyn

Dieser Kosmetikladen ist so schön und edel, dass ich mich am Anfang kaum getraut habe, irgendetwas zu probieren oder anzufassen, bis der Besitzer Fanny und mir das Beeindrucktsein anmerkte und uns sagte, dass wir doch bitte alles ausprobieren sollen, was uns gerade interessiert. Aber wo fängt man in diesem Laden bitte an? Bei den Parfüms, von denen ich noch nie eines gesehen hatte? Bei den Nagellackfarben? Der Naturkosmetik? Am Ende haben wir uns einen Lippenpflegestift mit Kakao von "Meow Meow Tweet" gekauft, der seitdem immer in meiner Tasche ist.
360 Atlantic Avenue, Brooklyn

Würde mal eben kurz ein Geldregen vom Himmel fallen, würde ich genau hier einkaufen: Schlichte Hemden, Kleider, Pullover, dazu Taschen und wunderschöner Schmuck. Oder bei Bird.
347 Atlantic Avenue, Brooklyn & 220 Smith Street, Brooklyn

Ein Kinderladen, der einem (wieder) das Staunen beibringt, so viele kleine und große Wunder kann man hier finden: ein Schattenspiel, wunderschöne Alphabet-Holzwürfel (sogar auf deutsch), einen feuerspeienden Holzdrachen, eine Blumenpresse. Und an der Decke hängt ein riesiges blaues Schiff mit dunkelblauen Segeln. Wunderschön.
323 Atlantic Avenue, Brooklyn

Ein Laden, in dem ausschließlich Produkte aus Brooklyn verkauft werden – und zwar tolle: Ingwer-Sirup von Morris Kitchen, Coffee BBQ-Sauce von Saucy By Nature, Duftkerzen von Apotheke oder ein Wasserturm-Modell zum Selberbasteln von Boundless Brooklyn. Der perfekte Ort, um hübsche Mitbringsel zu finden.
261 Smith Street, Brooklyn

Sensationell gutes Eis.
81 Bergen Street, Brooklyn

Ist das vielleicht ein gemütlicher Buchladen, aber auch ein guter: Die Auswahl an Kinderbüchern ist wirklich fabelhaft (die Beratung auch) und im Raum hinten steht ein riesiges Ledersofa, auf dem man in aller Ruhe Bücher ansehen kann. Neben einer großen Auswahl von Romanen gibt es hier übrigens auch tolle Kochbücher und Lesungen. Mit nach Hause genommen haben wir "The Wheels on the Bus" von Paul O. Zelinsky und die "Secret Pizza Party" von Adam Rubin und Daniel Salmieri.
163 Court Street, Brooklyn

Bei Paper Source gibt es Postkarten, Notizbücher, unheimlich schöne Kalender, kleine Geschenke, Stempel, Sticker und Washi-Tapes in riesiger Auswahl.
102 Smith Street, Brooklyn

Wunderschöne Karten zu jedem nur erdenklichen Anlass findet man in dieser Papeterie. Und an der Kasse steht ein großes Glas mit Buttons, von denen ein paar auf Fannys Jeansjacke mit nach Hause gereist sind.
225 Court Street, Brooklyn

Laut hier und ziemlich stressig, aber was für eine Auswahl an toller Kosmetik: Hourglass, Josie Maran, Fresh, Tarte.
210 Joralemon Street, Brooklyn

In nüchternen Worten: ein Bio-Supermarkt. In realistischen, angemessenen und immer noch sehr zurückhaltenden Worten: ein delirisches, extrem Futterbedürfnisse auslösendes Paradies für Fressmaschinen wie mich. Hier gibt es erstens ziemlich alles, was man essen können wollte, und zwar jeweils in 23 bis 230 Sorten (wieso habe ich die Kokoschips mit salzigem Karamell nicht mit nach Hause genommen, WIESO?, Quinoasalate, Bagels, Körner aller Art und Größe, ein ganzes Regal voller Chilis, Joghurtsorten, von denen ich nicht einmal wusste, dass es sie gibt, und immer so weiter, bis eine stadthallengroße Halle voll ist). Hier bekommt man zweitens das Gefühl, dass es Supermärkte gibt, die Essen genauso lieben und verehren wie man selbst. Und hier verlernt man drittens das Kochen, weil eine unfassbar große Convenience-Abteilung es einem ermöglicht, große Pappschachteln mit fertigem Essen vollzufüllen, für das ein Restaurant hingebungsvolle Kritiken bekäme. Es ist der Himmel. Und irgendwie auch die Hölle. Weil kein Mensch so viel essen kann, wie man hier essen möchte. Weil man so viel Wahlmöglichkeiten kaum verkraften kann. Weil man doch nicht nach New York fahren kann, um dann fast jeden Tag sehr lange im Supermarkt herumzustreunen. Jedenfalls: Auf der Liste meiner Gründe, nach New York auszuwandern, stünde auch Wholefoods.
214 3rd Street, Brooklyn

* Brooklyn Bridge, der Brooklyn Bridge Park, Jane´s Carousel und der Smorgasburg Flea Food Market
Der schönste von allen schönen Tagen in New York war der allerletzte Tag, den wir mit einem Spaziergang auf die Brooklyn Bridge begonnen haben. Diese Stadt haut einen ja immer wieder um, man muss sich nicht einmal anstrengen dafür, aber auf der Brooklyn Bridge zu stehen, ist so so schön, dass es einem die Tränen in die Augen treibt. Weil wir noch einen längeren Spaziergang und Tag vor uns hatten und es ja diesen großen Polizeieinsatz gab, sind wir nur zu Hälfte hinüber gegangen und am Ende wieder auf der Brooklyn-Seite angekommen. Von dort ist es nur ein kurzer Spaziergang zu "Jane´s Carousel", einem wunderschönen Karrussel mit 48 Pferden, das 1922 gebaut, bei einer Auktion 1984 ersteigert und restauriert wurde und seit 2011 im Brooklyn Bridge Park zwischen der Brooklyn und der Manhattan Bridge steht. Danach sind wir einfach die Piers im Brooklyn Bridge Park entlang gegangen. Man kann sich das vorstellen wie einen großen Park entlang des East Rivers mit Blick auf die Skyline von Manhattan. Am Wochenende drehen die Familien am Pier 2 auf einer Rollschuhbahn ihre Runden und die Mitglieder des Kanu-Vereins spielen im East River Kanu-Wasserball. Am Pier 6 gibt es unfassbar tolle Spielplätze (wir sind immer zwischen dem Spielplatz mit der Riesenrutsche und dem Wasserspielplatz hin- und hergegangen). Und an Pier 5 findet jeden Sonntag der Smorgasburg-Flea-Foodmarket mit unzähligen kleinen Food-Ständen statt, einer hungrigmachender als der nächste: belgische Fritten, mexikanische Sandwiches, "Asia Dogs", eingelegte Gurken, Donuts, Käsekuchen Macarons. Am Ende haben wir uns mit einer käsefädenziehenden Pizza, Teigtaschen mit Kokosnuss-Hühnchen, Dulce de leche-Donuts und Ahornsirup-Limonade ans Ufer gesetzt und uns so lange von New York verabschiedet, bis wir es endlich geschafft haben zu gehen.
Brooklyn Bridge Park, Brooklyn

Der Zoo im Prospect Park liegt in einer anderen Ecke von Brooklyn, aber weil er uns so gut gefallen hat, erwähne ich ihn trotzdem. Dieser Zoo ist ein Zoo für (kleinere) Kinder, es gibt Robben, Paviane, Otter und Erdhörnchen, genauso aufregend wie die Tiere fand Fanny aber die Ausstattung des Zoos: Auf dem "Discovery Trail" können Kinder gucken, welches Tier genauso weit springen kann wie sie selbst, in einem Spinnennetz Spinne spielen oder ein Küken, das aus einem Ei schlüpft. Im Streichelzoo kann man Ziegen und Schafe füttern und an Holzkühen das Melken üben. Der Prospect Park selbst ist auch wunderschön.
450 Flatbush Avenue, Brooklyn.

Wenn man sich unter einem Museum einen Ort vorstellt, an dem man an Ausstellungsstücken entlang spaziert, ist das natürlich kein Museum. Kennenlernen und lernen kann man hier aber sehr viel – nicht nur als Kind. Wie sich Grillen anhören. Oder wie fleischfressende Pflanzen aussehen. Oder wie man Wasserläufe verlegen kann, in einem großen Wasserpatschraum, in dem man eine große Schürze bekommt und sich dann austoben darf. Oder wie man eine Pizzabäckerei oder einen Tante-Emma-Laden betreibt, in gut ausgestatteten Spielräumen, die eben so aussehen wie eine Pizzabäckerei oder ein Tante Emma-Laden, nur eben auf Kindermaße geschrumpft. Auf zwei Etagen eines sehr großen Gebäudes können Kinder so ziemlich jeden Alters experimentieren und spielen und erfahren dabei beiläufig ziemlich viel über die Welt. Ein toller Ort. Fanny wollte gleich noch mal hin.
145 Brooklyn Avenue, Brooklyn.

Drin ist, was drauf steht: Der öffentliche Nahverkehr New Yorks (wenn man in New York von Nahverkehr reden kann). Und zwar in Gestalt von U-Bahn-Waggons seit Anbeginn der New Yorker U-Bahn. Man kann also in Waggons aus den 40er-Jahren sitzen. Oder aus den 60ern. Manchmal fühlt man sich dabei wie in Filmen, die man gesehen hat (auch so ein New Yorker Gefühl: Dieses gelegentliche Wiederkennen von Dingen, die man in Wahrheit noch nie in echt gesehen hat und einem wird trotzdem ganz warm im Herzen). Dazu gibt´s noch Busse. Drehkreuze. Und ein paar Installationen, mit denen man Strom erzeugen kann. Und einen netten Museumsshop, in dem man sich die U-Bahn in klein einpacken lassen kann.
Boerum Place, Brooklyn.
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